Für meine Frau begann alles am 2. März 2008. An einem grauen, regnerischen Tag hockte sie vor einem Hundezwinger im Tierheim Meißen-Winkwitz. Ein Hund mit langer Schnauze, braunen Augen und großen Ohren sowie überwiegend weißem Fell trat zögerlich zu ihr. Ich beobachtete neidisch, wie meine bessere Hälfte den Hund kraulte. Gern wäre ich an der Stelle des Hundes gewesen. Der Wunsch galt allein dem Augenblick. Das traurige Schicksal des Hundes möchte ich nicht teilen.

Er wurde am 20. Januar 2006 in der Republik Rumänien geboren. Mit dem Einzug in das Tierheim Christi Bukarest endete sein nicht gerade einfaches, aber dennoch freies Leben als Straßenhund. Gleichwohl bewahrte ihn dies vor dem sicheren Tod. Hundefänger verbringen jeden Tag zahlreiche Tiere in eine der rumänischen Konzentrationslager. Dort wird immer noch die Endlösung praktiziert.

Im Tierheim Christi Bukarest wurde der Rüde durch einen Tierarzt untersucht, von Ekto- und Endoparasiten sowie seinen Hoden befreit, gegen Hepatitis, Leptospirose, Parvovirose, Staupe, Zwingerhusten und Tollwut geimpft und mit einem Transponder (Chip) versehen. Ich bin froh ein Mensch zu sein. Schon alleine wegen des chirurgischen Eingriffes.

Mit EU-Heimtierausweis ging es dann über 1527 km in 16 Stunden 18 Minuten von Bukarest nach Meißen-Winkwitz. Dort wendete sich das Leben des Hundes endgültig zum Positiven. Heute lebt er besser als sein Herr und so manch anderer Mensch. Doch lassen Sie mich die bewegende Geschichte der Reihe nach erzählen.

Seit April 2008 wurde der Hund durch die Eheleute an jedem Wochenende ausgeführt. Dabei war es egal, ob Tiere und Menschen von stundenlangem Starkregen, taubeneigroßen Hagelkörnern oder orkanartigen Sturmböen umgeben waren. Ersthund „Bonnie“ aus Griechenland war allzeit mit von der Partie. Die Ausflüge fanden zunächst in der nahen Umgebung des Tierheimes Meißen-Winkwitz statt. Die Kreise wurden jedoch immer weiter gezogen. Sehr oft waren wir im Golk-Wald unterwegs. Im Biergarten des „Jägerheimes“ in Löbsal lagen beide Hunde unerwartet brav unter dem Tisch. Da fiel mir doch gleich das Essen aus dem Mund!

Für den Ehemann sah der Zweithund noch immer nicht besonders hübsch aus. Ein fast ausschließlich weißer Hund wurde kategorisch abgelehnt. Ich hatte in der Nacht schreckliche Alpträume. Ein Kampfhund der Reserve aus den Straßen von Bukarest erobert unser luxuriös saniertes Haus. Er uriniert an die Lautsprecher der Heimkino-Anlage, beißt in die Beine des Wohnzimmertisches und kratzt am Thermoglas der Terrassentür. Die Ehefrau sah es ganz locker und lenkte mich behutsam an ihr Wunschziel: „Die materiellen Dinge sind doch ersetzbar. Wie soll der Hund eigentlich heißen?“

Ich gab ihm den Namen „Flocke“. Meine Frau wusste ganz genau, dass die Bindung zu dem Tier durch die Taufe verstärkt wird. Im August 2008 wurde „Flocke“ das erste Mal nach Weinböhla verbracht. Anfangs durfte er sich ausschließlich im Garten aufhalten. Eines Tages ließ Herrchen ihn zu Frauchen in die Küche. Er verhielt sich, trotz des leckeren Essens in den Töpfen und Pfannen, unauffällig. Die vielen schönen Stunden des Zusammenseins brachten es mit sich, dass auch ich letztendlich eine gewisse Zuneigung für den Tierheim-Hund empfand. Wir erinnern uns wahrlich an das Jaulen und Ziehen von „Flocke“ beim ersten Zusammentreffen mit einer deutschen Katze, das Kuscheln auf dem Schoß von Frauchen und Herrchen sowie dem Spaziergang auf der Terrassen-Brüstung mit anschließendem Absturz vom Wacholder.

Am Verhalten konnte man erkennen, dass der Ersthund gegenüber dem Zweithund einen höheren Rang einnahm. Jetzt gab neben meiner Frau und meiner Tochter ein weiteres weibliches Lebewesen den Ton in der Familie Stephan Teichmann an. Wieder ging ein teuflische Plan à la „Desperate Housewives“ auf!

„Flocke“ übernachtete im September 2008 das erste Mal in unserem Haus. Die Eheleute wachten über den Hund und machten selbst kaum ein Auge zu. Dieser schlief ganz friedlich in der 1. Etage auf der von „Bonnie“ geborgten Matratze. Schnell gewöhnte sich „Flocke“ an seine neue Umgebung und den mehr oder weniger geregelten Tagesablauf seines Rudels. Er war vom zweiten Tag an, von nachfolgenden feuchten Protestaktionen einmal abgesehen, stubenrein. Griechin und Rumäne fraßen bald kameradschaftlich beieinander, tauschten die weichen Liegeplätze, fuhren nebeneinander im Kofferraum des Autos mit und spielten miteinander auf der Wiese hinter dem Haus. Am 3. Oktober 2008 begann die Probewoche des Zweithundes.

Wir entschlossen uns infolge der ausgezeichneten Führung noch vor deren Ablauf für die endgültige Aufnahme von „Flocke“. Am 11. Oktober 2008 unterschrieb ich den Kaufvertrag. Wir werden ihm, wie auch „Bonnie“, ein schönes hundgerechtes Leben bei optimaler tierärztlicher Betreuung durch die Tierarztpraxis Teichmann bereiten. „Flocke“ verlor in den folgenden Tagen den für einen Hund aus dem Tierheim typischen Geruch. Sein strahlend weißes Fell glänzte in der Herbstsonne. Im Bereich des Halses und der Schulterblätter ist es besonders kuschelig. Es dauerte gar nicht lange, da entdeckte unser Zweithund die Löcher im Gartenzaun. Schnell spürte er auch die Kaninchenställe bei sämtlichen Nachbarn auf. Ein neuer Zaun musste her! Als gelehriges Individuum lernte „Flocke“ in kurzer Zeit die Kommandos „Sitz“, „Hier“, „Geh“ und „Nein“. Die Leinenführigkeit lässt noch zu wünschen übrig. Dank der Hilfe der Hundetrainerin Julia Kolb wurden die Spaziergänge mit den beiden Hunden entspannter. Ende Oktober 2008 nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und ließ „Flocke“ auf einer großen Wiese in der Gemeinde Weinböhla frei laufen. Der „Rumäne“ verhielt sich gegenüber seinen Artgenossen, wie auch den Menschen, von Anbeginn freundlich. Es bereitet große Freude, den tobenden Hunden, oft 6 Tieren, manchmal auch mehr, zuzusehen.

Erst jetzt bemerkte meine Frau, die einen ausgezeichneten Hundeverstand besitzt, dass es sich bei „Flocke“ um einen Podenco Ibicenco-Mischling handelt. Sie äußerte daraufhin: „So einen Hund wollte ich nie haben. Er ist mir zu anstrengend“. Über das Verhalten meiner Frau war ich entsetzt. Unser Zweithund hat zu 100% den Charakter einem Podencos. Er weist einen ausgeprägten Jagdtrieb auf. Interessant sind u.a. Katzen, Fahrzeuge (je größer um so besser), Vögel, Hasen. Seine Lieblingsspiele knüpfen daran an: Schatzsuche, Leckerchen-Jagd und Roll den Ball. Unsere eigenen Katzen respektiert „Flocke“ jedoch. „Bonnie“ verteidigt sie ja auch mit allen Mitteln. Zur Erfüllung des Rassestandard eines Podenco Ibicenco reicht es nicht ganz. Als „Fehler“ seien genannt: pigmentierte Schnauze, Haare in den Ohrmuscheln, Fellbeschaffenheit und -länge. Wir lieben unsere Hunde!

 

Gefunden

Ich ging im Tierheim

So für mich hin,

Und nichts zu suchen,

Das war mein Sinn.

Im Zwinger sah ich,

Ein Hündlein stehn,

Die Augen leuchteten,

Wie Sterne so schön.

Ich wollte schon gehn,

Da bellte es fein,

Nimm mich doch mit,

in Dein schönes Heim.

Ich leinte ihn an,

Er wedelte mit der Rute,

Angekommen auf dem Hof,

betätigte ich die Hupe.

Die Blicke trafen sich,

Er sprang ihr auf den Schoß,

Die Hose voller Hundehaare,

Fand sie es ganz famos.  

 

Das Leben von Flocke seit seiner Aufnahme in das Rudel „Teichmann“ in Bildern:  

 

Flocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins HausFlocke - Ein Zweithund kommt ins Haus